Internationales Symposium in der Wiener Urania
25 Jahre ist es heuer schon her, dass die Arche Noah als Verein für den Austausch und die Bewahrung von alten Kulturpflanzensorten gegründet wurde. Sitz des Vereins ist das schöne Schiltern im niederösterreichischen Waldviertel.
Politisches und internationales Netzwerk
Wie es typisch ist für einen aufmüpfigen Mittzwanziger, ist die Arche Noah inzwischen sowohl sehr politisch als auch international aktiv. Das spiegelte auch das Podium des Arche-Noah-Symposiums in der Wiener Urania am 10. November 2015 wider: Die bekannte indische Saatgutaktivistin und Globalisierungskritikerin Vandana Shiva traf dort auf die aus Malaysia stammende Programmleiterin des Third World Network (TWN) Chee Yoke Ling, auf den Berliner Leiter der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Benedikt Haerlin, auf Martina Goldenberg von der Katholischen Frauenbewegung Österreich und auf Margit Mayr-Lamm vom oberösterreichischen Biohof Fairleben. Eine bunte Mischung, die dem Motto des Symposiums gerecht wurde: „Vielfalt ernährt die Welt“. Moderiert wurde das Treffen von der Ö1-Wissenschaftsjournalistin Elke Ziegler.
Der Regenwurm, König der Tiere
Johannes Hloch
Peter Zipser und Christian Schrefel, der ehemalige und der aktuelle Obmann der Arche Noah, eröffneten die Tagung. Als Special Guest stimmte die Berliner Schauspielerin Barbara Geiger alias Fräulein Editha Filmine Brehm mit ihrem Stück „Lumbricus terrestris – Der Regenwurm, König der Tiere“ auf die intensive Beschäftigung mit den Grundlagen der Landwirtschaft ein.
Landwirtschaft und Klimawandel
„Wie wird Landwirtschaft global unter geänderten Klimabedingungen funktionieren und immer mehr Menschen ernähren können?“, adressierte Benedikt Haerlin das Problem der Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen. Die Antwort, so Haerlin, liege in der Vielfalt der Kulturpflanzensorten. Grundsätzlich seien Kulturpflanzen sehr anpassungsfähig. Risiken sehe er in der massiven Reduktion der genetischen Vielfalt der Sorten, die mit der so genannten „Grünen Revolution“ seit den 1960er-Jahren einhergegangen sei.
Monokultur = Risiko
„Das große Risiko für die Ernährung der Weltbevölkerung ist der Anbau von Monokulturen“, betonte Haerlin. 90 % aller Agrarpflanzen, die aktuell angebaut würden, seien entweder Mais, Reis, Weizen oder Gerste. Und von ihnen seien immer weniger Sorten im Einsatz. Von den aktuell 795 Mio. Hungernden weltweit seien 60 % Frauen, 70 % lebten auf dem Land und 50 % seien Kleinbauern.
Supermarkt statt Eigenversorgung
Benedikt Haerlin hält es für problematisch, dass in den Industriestaaten seit dem 2. Weltkrieg die Eigenversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln immer mehr abnehme. Die Versorgung über die Supermärkte und damit die Abhängigkeit der großen Bevölkerungsmehrheit nehme immer mehr zu: „In Deutschland werden 85 % aller Lebensmittel in den Filialen von nur drei Supermarktketten gekauft“, sagte Haerlin.
Kleine Betriebe werden stark durch Zusammenarbeit
Dass es auch anders geht, darüber sprach Margit Mayr-Lamm vom Biohof Fairleben. Ihr Hof Fairleben habe eine kleine Fläche. Diese sei auf Sortenvielfalt – in ihrem Fall auf Gemüsevielfalt – und den Direktverkauf auf Bauernmärkten spezialisiert. So sei es für sie und ihren Mann möglich, von ihrem Hof gut zu leben. „Wir kooperieren mit anderen kleinen Produzenten und wechseln unseren Einsatz auf den Bauernmärkten ab. So haben wir alle auch mal frei. Viele kleine Produzenten sind auch stark, nicht nur Großbetriebe. Allein auf den Bauernmärkten zwischen Linz und Salzburg wäre noch viel Platz für spezialisierte Betriebe. Die Nachfrage gerade nach vielfältigem Gemüse ist groß“, betonte Margit Mayr-Lamm.
Radikal gute Natur-Küche
Radikal gute Naturküche mit Sortenraritäten von Slow-Koch und Autor Johannes Reisinger sorgte für einen ebenso stimmigen wie leckeren Abschluss des Symposiums.
Redaktioneller Nachtrag: Karin Chladek hatte Gelegenheit mit Vandana Shiva über den Beitrag der industrialisierten Landwirtschaft zum Klimawandel zu sprechen. Das Interview ist in Kürze auf N21 zu lesen.